28.03.2012

Was ist Postdemokratie?

Unsere Demokratie war immer schon zum Teil eine Scheindemokratie. Dass die funktionierenden Teile abgebaut werden, spricht sich herum. Der Begriff "Postdemokratie" macht die Runde. Wie wird er definiert?
Leo Meyer vom "isw - institut für sozialökologische Wirtschaftsforschung" in München:

"Postdemokratie
1. Politik wird über Zirkel und Kommissionen gemacht (z.B. Rürup-Kommission, Hartz-Kommission, Ethik-Kommission) – an Verfassung und Parlament vorbei. Entscheidungen im Bundestag - Rentenmodelle, Hartz-Pläne, Euro-Rettungspakete, Steuermodelle - entstammen nicht der parlamentarischen oder politischen Debatte, sondern werden von Managern und direkten Vertretern der Finanzwirtschaft und der Konzerne entworfen, von McKinsey durchgerechnet, in kleinen Zirkeln von Roland Berger, Peter Löscher, Ackermann, .. der Kanzlerin dargelegt.
Es ist dann ziemlich gleichgültig welche Person sie am Ende verlesen darf. Mit der Umwandlung der SPD in eine Spielart des Neoliberalismus gibt es ja sowieso kaum noch programmatische Unterschiede zwischen den verschiedenen Abteilungen der „neoliberalen Einheitspartei“.
2. Vermittelt wird dies von einer monopolisierten privaten Medienindustrie und neoliberal gleichgeschalteten öffentlichen Medien bei der Politik zur Show und zum Event wird.
3. Als Parlamentsersatz und als Ersatz für eine gesellschaftliche Debatte dienen dann eine Vielzahl von talk-shows mit einer Unmenge von Sabine Christiansen-Nachfolgerinnen.
4. Diese Art der Lenkung benötigt entsprechende Kader. 47 „Corporate Universities“ der Privatwirtschaft bilden heute in der BRD die neuen Führungseliten aus. Als nächstes soll der öffentliche Bildungssektor noch direkter an der Elitebildung ausgerichtet werden (nicht nur mehr Geld für Bildung notwendig, sondern Kampf um Bildungsinhalte!)
5. Da Unternehmen und die Reichen kaum noch Steuern bezahlen, sondern dem Staat Kredite geben, für die sie Zinsen kassieren, für die sie auch keine Steuern zahlen, sind Staat, Kommunen, öffentliche Institutionen, Kultur (von der Uni, über Theater, Orchester, Kunst) immer stärker direkt von diesen abhängig. Und so schließt sich der Kreislauf der direkten Eroberung der Macht durch die großen Konzerne und die Finanzwirtschaft."
Wichtige Schlussfolgerungen folgen der Analyse, die unter dem Titel "Wirtschaftskrise und Demokratieabbau" als Vortrag bei „Echte Demokratie Jetzt“, München am 29.2.2012, vorgetragen wurde.
Aus einem Referat des Autors - hier aufzurufen.

24.03.2012

Worum es geht


„Es geht darum, die totgeschwiegene Möglichkeit einer besseren Welt als diese Möglichkeit sichtbar zu machen: wohlgemerkt nicht erst dann, wenn es auch schon gelungen ist, die Realisierbarkeit der besseren Welt zu beweisen. Vorwürfe, die sich heute gegen die Occupy-Bewegung richten, sie diskutiere nur und könne kein Ergebnis vorweisen, führen deshalb in die Irre. Zu einem Ergebnis muss es zwar kommen, aber es kann nicht mit ihm angefangen werden. Der Anfang kann nur darin bestehen, dass die Möglichkeit als solche begriffen, festgehalten und eben sichtbar gemacht wird. Wird, wenn das geschieht, nur eine leere Botschaft vermittelt? Nein, sondern die Botschaft der Leere wird vermittelt … die Botschaft der Möglichkeit, die Botschaft, dass wir die Wahl haben, weil nicht alles, was Realität sein kann, es immer schon ist. Welche Wahl, muss herausgefunden werden, aber von Anfang an können wir wissen, dass wir es wählen können, zu wählen, statt im bloßen Dahinleben zu verharren. Dies ist die erste Voraussetzung und sie muss gezeigt werden, damit nicht nur einige es begreifen, sondern viele.“
Aus: Michael Jäger/Thomas Seibert, in „Alle zusammen. Jede für sich. Die Demokratie der Plätze. Eine Flugschrift“, erschienen 2012 im VSA-Verlag.

18.03.2012

Wachstumsüberschreitung

"Expertise des Tyndall Centre for Climate Change Research an der Manchester University vom November 2011: In den Industriestaaten Europas und Nordamerikas sei bereits jetzt kein Wachstum mehr zulässig. Ansonsten werde der Klimawandel weiter beschleunigt. Die Studien des Stockholm Resilience Centre über die Belastbarkeitsgrenzen unseres Planeten kommen zum gleichen Ergebnis. Sie zeigen, dass viele Grenzen bereits überschritten wurden und längst große Ressourcen-Einsparungen in den Ländern des Nordens geboten sind."
Aus dem Artikel "Artikel "Der Schock-Report"" von Andrew Simms, erschienen in "der freitag" - online, 18.3.12.


12.03.2012

Nicht alles, was wie ein Scheitern ausschaut, ist es auch

"Was 1848 geschah, war eine europaweite Revolution, in der es zentral um die Demokratieforderung ging wie heute im Arabischen Frühling. ... Wir müssen daran zweifeln, ja es für praktisch unmöglich halten, dass die vom arabischen Frühling angestoßenen Demokratiebewegungen in Europa und den USA sich irgendwo, in diesem ersten Anlauf, schon sollten durchsetzen können. Denn Ziele, die klar und fasslich wären, sind hier gar nicht vorhanden. Es ist ja gerade das Gute an Bewegungen wie Occupy, dass sie darüber zu debattieren beginnen, was eigentlich die bessere Welt wäre, die an die Stelle der Demokratie des Kapitals und der Finanzmärkte treten könnte. Vorstellungen gibt es, aber sie sind meistens sehr vage. ... Die Parallele zu 1848 ist tatsächlich sehr stark: ... Mit der Formulierung der Verfassung war den späteren Kämpfen ein Ziel gesetzt. ... während Revolten sich anbahnen oder schon ausgebrochen sind, werden solche Debatten ganz selbstverständlich geführt."
Zitate aus: "Alle Zusammen. Jede für sich. Die Demokratie der Plätze" (VSA Hamburg 2012, 72 S., 8 €) ist eine der vielen „Flugschriften“, deren Thema die Revolte ist. „Der Name ihres Beginns ist Occupy“, schreiben Freitag-Autor Michael Jäger und Thomas Seibert (Intervenionistische Linke, wissenschaftlicher Beirat der Rosa-Luxemburg-Stiftung) in der Einleitung.