26.10.2012

Europas Barbarisierung schreitet voran



In ganz Europa findet eine zivilmilitärische Aufrüstung statt.
„Angesichts der andauernden Proteste in Griechenland und Spanien scheint über kurz oder lang ein Militäreinsatz gegen die Protestierenden möglich. In Deutschland hat erst Mitte August das Bundesverfassungsgericht erstmals Einsätze der Bundeswehr im Innern in «Ausnahmesituationen» erlaubt. Das steht im krassen Gegensatz zur bisher unumstößlichen Regel, dass die Bundeswehr innerhalb der eigenen Grenzen nicht zum Einsatz kommt. Es gibt also beunruhigende Prozesse. …
Die Nato-Staaten – und damit fast ganz Europa – stellen nach wie vor einen übergroßen Anteil an den weltweiten Rüstungsausgaben. Griechenland beispielsweise drückt ein massives Sparpaket durch, das sich auf fast alle Ebenen auswirkt – mit Ausnahme des Rüstungsbereichs. Während selbst den Soldaten die Löhne gekürzt werden, bleiben die Importaufträge im Rüs­tungsbereich von mehr als einer Milliarde Euro jährlich unangetastet. …Würde die Demokratiebewegung mehr Macht erhalten, käme es zu einem Linksrutsch. Es könnte sich ein Akteur herausbilden, der durch demokratische Verfasstheit über hohe Legitimität verfügt und sich der Durchsetzung der Interessen westlicher Politik entgegenstellt. …Die Militarisierung findet qualitativ statt, nicht quantitativ. Besonders manifest wird die Mili­tarisierung Europas im Bereich des militärisch-industriellen Komplexes. Darin spielen die europäischen Rüstungskonzerne eine wesentliche Rolle. Es wird eine «Versicherheitlichung der Gesellschaft» inszeniert. Immer mehr eigentlich militärische Produkte werden unter dem Aspekt der «Sicherheit» eingesetzt: speziell Überwachungstechnik und Drohnen. Seit 2009 der Lissabon-Vertrag in Kraft ist, wird nicht mehr nur die sogenannte Sicherheitsforschung aus dem EU-Haushalt finanziert, sondern auch Militär­ausgaben und Rüstungsforschung. Dieses Geld fliesst in den militärisch-industriellen Komplex. Dabei existieren eigentlich nur sechs europäische Länder, die über einen solchen Komplex verfügen: Großbritannien, Frankreich, Deutschland, dann aber auch Italien, Spanien und Schweden.“
Aus einem Interview vom 25.10.2012 mit Tobias Pflüger, Friedensforscher, Mitbegründer der „Informationsstelle Militarisierung“ (www.imi-online.de) und gehört dem wissenschaftlichen Beirat der globalisierungskritischen Organisation Attac an.

Polizeigewalt nimmt zu
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) stellte am 25.10. in Madrid eine Studie vor. Darin heißt es zur Entwicklung von Polizeigewalt in den Ländern Spanien, Griechenland und Rumänien: „Friedliche Demonstranten würden immer häufiger von Polizisten geschlagen und getreten, sowie durch Tränengas und Gummigeschosse verletzt, heißt es im Begleittext der Dokumentation. Rechtsverstöße der Polizei blieben in vielen Fällen folgenlos, sie würden »weder untersucht, noch geahndet«. Die Polizeigewalt richte sich auch gegen berichterstattende Journalisten; sie sei oft »exzessiv«, Festnahmen erfolgten mitunter »willkürlich«. Verletzten Demonstranten werde sogar medizinische Hilfe verweigert. … Die Sparpolitik habe »längst jede Mehrheit in der Bevölkerung verloren und kann nur noch mit Gewalt durchgesetzt werden«, erklärte dazu Stephan Lindner vom Koordinierungskreis von ATTAC Deutschland. »Die EU-Eliten – darunter auch die deutsche Bundesregierung – treiben die breite Bevölkerung in die Armut, während sie Vermögende und Banken retten und schützen.« … dass aber auch hier ((in Deutschland)) die Polizei immer brutaler zulangt, können zahlreiche Menschen bestätigen, die gegen Neofaschisten, Lohnraub und Entlassungen sowie für die menschwürdige Behandlung von Flüchtlingen demonstrieren.“
Die Dokumentation von „amnesty international“: http://www.attac.at/uploads/media/MediaBriefing_Policing_in_the_EU.pdf

14. November: Europäischer Aktionstag


 
Am 14. November streikt die gesamte Iberische Halbinsel. Auch Griechenland beteiligt sich am Ausstand, während es überall in Europa zu einem Aktionstag und massiven Protesten kommen wird. In Brüssel hat sich der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) darauf geeinigt, den 14. November zum "Tag der Aktion und der Solidarität" zu erklären. 150 europäische Verbände schließen sich dem Aufruf an. Sie haben sich zu einem "Sozialpakt" zusammengeschlossen, den mehr als 900 Gruppen und Organisationen repräsentieren. Gemeinsam soll in ganz Europa gegen die Spar- und Krisenpolitik protestiert werden, die vor allem die einfache Bevölkerung zur Kasse bittet.
Zum EGB-Aufruf: http://www.etuc.org/a/10439

17.10.2012

Die EU-Kommission will die Arzneimittelforschung reformieren und epochale Ethikregeln dem Markt opfern



Unter anderem sieht der Entwurf der Europäischen Kommission vor:
„Das in der deutschen Version 115 Seiten fassende Dokument zielt auf nicht weniger als die Abschaffung der derzeitigen wissenschaftsethischen Kontrolle von Arzneimitteltests ab. Nicht nur in Deutschland müssen bislang Pharmakonzerne das Votum von Ethikkommissionen abwarten, bevor sie ihre Mittel in sogenannten Phase-I bis -III-Studien an Menschen testen. In dem Haupttext der Verordnung anonymer EU-Bürokraten kommen die Begriffe "Ethik" oder "Ethikkommission" nicht einmal mehr vor.“

Der ARBEITSKREIS MEDIZINISCHER ETHIK-KOMMISSIONEN IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND e. V. - DER VORSTAND veröffentlichte eine Stellungnahme zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG. Darin heißt es:
„Zusammengefasst würden durch die geplanten Änderungen das in Deutschland erreichte Schutzniveau für die Teilnehmer an klinischen Prüfungen herabgesetzt und grundlegende ethische Prinzipien und damit auch unser Menschenbild verletzt werden: Der Mensch, der an Arzneimittelstudien teilnimmt, soll wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Interessen dienen, ohne dass zuvor in einem unabhängigen ethisch-rechtlichen Bewertungsverfahren geprüft wurde, ob der Schutz seiner Rechte, sein Wohlergehen, seine Sicherheit und Selbstbestimmung gewährleistet sind. Ferner ist kritisch festzustellen, dass die Kommission offensichtlich eine breite und intensive Diskussion vermeiden will, wie die Bekanntmachung des Verordnungsvorschlags und die Festsetzung von sehr kurzen Firstvorgaben zur Kommentierung in der Haupturlaubszeit deutlich verrät. Wegen dieser Vorgaben können nachfolgend nur die wichtigsten Punkte detaillierter kommentiert werden.“

12.10.2012

Politik heute: Vorauseilende Dienstbarkeit – freilich kommt es auf die richtige Auswahl der Gesellen an



Das Grundgesetz will, Politiker hätten als "Vertreter des ganzen Volkes" zu wirken und seien "an Aufträge und Weisungen nicht gebunden, nur dem Gewissen unterworfen".
Arno Klönne, Soziologe und Politikwissenschaftler, sagt: Die Politiker „leisten Schwerarbeit in der politischen Parallelgesellschaft“. Das sieht u.a. so aus: „Vorangeschritten ist die Professionalisierung politischer Laufbahnen. Immer mehr Abgeordnete sind im Wege einer persönlichen Berufsplanung zu ihrem Mandat gelangt, was vermutlich das Motiv verstärkt, dieses nicht bei nächster Gelegenheit zu verlieren. Das verlangt ein hohes Maß an Einsicht in und Anpassung an die innerparteilichen Machtstrukturen, keineswegs nur vor Ort, also in den Wahlkreisen, mehr noch dort, wo Landeslisten vorbereitet werden … Gerade für karrierewillige Parlamentarier empfiehlt es sich, frühzeitig auf Chancen zum Umstieg in die Welt der Unternehmen und Finanzinstitute zu achten, deren Werte zu verinnerlichen“. Er kommt nach einer fein-ironischen Spurenlese zur Erkenntnis: „Eine neue Stufung bei den Angaben von Parlamentariern zu ihren Nebeneinkünften wird an dieser Distanz rein gar nichts ändern.“
Seine Analyse des Politikbetriebs: http://www.heise.de/tp/artikel/37/37779/1.html
 

02.10.2012

Neues Urheberrecht und Grundeinkommen – zwei Notwendigkeiten



Unser kreativer Alltag: eher bescheiden – oder? Kulturelles und künstlerisches Schaffen braucht Freiheit – woher nehmen?
„Ein Urheberrecht in der digitalen Netzwerkgesellschaft sollte Kreativität und Innovation fördern und die soziale Wohlfahrt steigern“, sagt Peter Tschmuck, Musik- und Kulturwirtschaftsforscher, und fordert entsprechende gesetzliche Neuregelungen. Denn er sieht, dass Kunst- und Kulturschaffende heutzutage „versuchen müssen, möglichst viele Ertragsquellen gleichzeitig anzuzapfen, denn es reicht … nicht mehr aus, ((z. B.)) einen »Plattenvertrag« zu haben und von den Tantiemen zu leben, sondern es bedarf der Zusammenarbeit mit vielen Partnern.“ Man merkt: Sich als Künstler "Ertragsquellen" zu schaffen, das kostet Zeit, Arbeit und vermutlich Geld.
 
Professor Dr. Hans Lenk vom Institut für Philosophie an der Universität Karlsruhe und Olympiasieger im Rudern sieht das nicht anders und fordert deshalb ein bedingungsloses Grundeinkommen für jeden. Denn: „(Eigen)-Leistung muss sich wieder lohnen!“ Die äußerst lesenswerten Ausführungen seiner Begründung sind für jeden verständlich und überzeugend formuliert.
Quelle, Seite 14 bis Seite 39: