29.11.2012

Mythos Armutsbekämpfung

Während in Deutschland der Mythos der "Armuts-Bekämpfung" hochgehalten wird, der die geschwächten Kräfte der Betroffenen zusätzlich lähmt, lassen sich die von Armut Bedrängten in den USA von ihm nicht daran hindern, selbst aktiv zu werden. Wenn Armut die Folge von wachsendem Reichtum ist, stellt sich die Frage, weshalb nicht der Reichtum bekämpft wird. Was müßig ist, weil Reichtum und Armut wiederum die Folge ihrer Ursache sind: der systemrelevanten Profitmaximiererei.
Neben der Bekämpfung der Ursache bleibt Not lindern eine wichtige Aufgabe. Zwei Beispiele aus den USA zeigen, wie Not-Bekämpfung mit Ursachen-Bekämpfung verbunden werden kann: 

Family Independence Initiative (FII)
Sozialhilfe, Leistungsbezüge, Sozialamts-„Kunden“dienst, Programme zur Armutsbekämpfung, soziale Betreuung durch Sozialarbeiter, „Tafeln“ und Sozialkaufhäuser – nichts ändert am Status quo wachsender Armut. Wie bricht man die Abhängigkeiten, die Lethargie, den seelischen Stillstand, das Obrigkeitsdenken der sozial Schwachen, prekär Lebenden, Bedürftigen, Armen, letztlich aller Erniedrigten in unserer Gesellschaft auf, wenn sie es aus innerer Kraftlosigkeit nicht selber tun können?
Lim Miller, Vorsitzender und treibende Kraft hinter der Family Independence Initiative (FII), einer im kalifornischen Oakland (USA) ansässigen gemeinnützigen Armutsbekämpfungsorganisation, ist der Antwort auf der Spur. Seine Erfahrungen lassen sich verallgemeinern und auch auf deutsche Verhältnisse übertragen. „Die Idee dahinter, das betont Lim Miller ganz ausdrücklich, sei, einkommensschwache Familien aus der Abhängigkeit von Wohlfahrtsprogrammen zu befreien, denn die seien immer »entmächtigend, egal, wie gut sie gemeint sind«. Dabei geht der Ansatz davon aus, dass Familien »das Geld sehr viel effizienter ausgeben«, wenn sie selbst darüber verfügen können. … Wie alle anderen auch wollen diese Familien einfach nur eine gewisse Kontrolle über ihr Leben und die Möglichkeit, zu wählen«.

Quelle: www.freitag.de/autoren/the-guardian/die-kommen-da-selbst-raus


»Occupy Sandy«, ein Ableger von »Occupy Wall Street«
„… (Es sei) von Anbeginn ein vorrangiges Ziel für »Occupy Wall Street« gewesen, ein sich selbst erhaltendes Netzwerk lokaler Organisationen zu schaffen. Ein System das funktioniert, weil es Basisgruppen miteinander verknüpft, die alle das Konzept nichtkommerzieller, gegenseitiger Hilfe praktizieren. »Sandy« war die erfolgreiche Probe aufs Exempel … »Wir haben ein Netzwerk aufgebaut. Wir haben gelernt, ohne Unterdrückungsmechanismen zusammenzuarbeiten. Und im Moment der Katastrophe haben wir erfolgreich mobilisiert« … (In Brooklyn) werden seit Anfang November Spenden gesammelt, sortiert und verteilt: Winterkleidung, Kinderwagen, Taschenlampen, Spielzeug, Bettwäsche, Lampen, Eimer, Matratzen, Wolldecken, Möbel, Windeln, Tierfutter, Besteck, Waschmittel, Babynahrung. »Ein Rettungspaket von den 99% für die 99%«. …
(Eine zweite) Occupy-Rettungsaktion: … »Rolling Jubilee«. In Anlehnung an die in der Antike übliche Tradition, im Jubilee-Jahr Schulden zu vergeben, sammelt die Occupy-Gruppe »Strike Debt« seit dem 15. November Geldspenden. … 77 Prozent der Amerikaner sind verschuldet »… Wir dagegen kaufen die Schulden und vergeben sie. Damit helfen wir den in Not geratenen Menschen. Und gleichzeitig schmälern wir den Profit der Spekulanten« … (so dass) bislang mehr als sieben Millionen Dollar Schulden ausradiert werden konnten.“
Der ganze Bericht: www.publik-forum.de/Politik-Gesellschaft/usa-occupy-ist-wieder-da
Mehr Infos: www.heise.de/tp/artikel/38/38136/1.html 

22.11.2012

Der Kampf um Weltmachtgeltung

Das Eigeninteresse des deutschen Kapitals: Fiskalfonds, Sonderwirtschaftszonen, Lohndumping – die europapolitische Konzeption des Bundesverbandes der Deutschen Industrie. Hans-Peter Keitel, der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), schreibt der Politik den Weg vor:

Der Kampf, der in der Euro-Zone und in der EU in den nächsten zehn Jahren noch geführt werden muss: Vorsprung bewahren, das wirtschaftliche und politische Gewicht Europas sicherstellen
Wirtschaftliche Stärke bedeutet politische Stärke, um mit den USA, China und anderen aufstrebenden Volkswirtschaften konkurrieren zu können.
Maßnahmen: Entstaatlichung, die Abwertung der Ware Arbeitskraft, Abbau von Sozialleistungen, Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen und Lohnabbau.
Das Londoner Institut »Research on Money and Finance« (RMF) beschreibt diesen Mechanismus kurz so: »Deutschland hat seine Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der Euro-Zone aus einem Grund erreicht: Es war in der Lage, seine Arbeiter härter auszupressen«.
Der ganze Hintergrund auf: www.jungewelt.de/2012/11-22/063.php

19.11.2012

"Blue and Black Planet Awards" und das Bindeglied

"ethecon"-Preise 2012: In Verantwortung für den Planeten

Der Internationale ethecon Blue Planet Award 2012 ehrt Prof. Jean Ziegler. Der Internationale ethecon Black Planet Award 2012 schmäht Ivan Glasenberg, Simon Murray und Tony Hayward sowie die GroßaktionärInnen des Schweizer Rohstoffkonzerns GLENCORE. Die Preisträger wurden in einem öffentlichen internationalen Verfahren nominiert, die Preise werden am 17. November in Berlin verliehen.
Im Jahr 2012 geht der ethecon Blue Planet Award an Prof. Jean Ziegler aus der Schweiz. Dieser setzt sich seit Jahren unerschrocken für das Recht auf Nahrung ein. Seine wohl bekannteste Äußerung ist „Ein Kind, das an Hunger stirbt, wird ermordet.“ Mit seiner seit Jahrzehnten geübten und aufgrund seiner langjährigen Funktion als UN-Sonderberichterstatter für Ernährungsfragen sehr profunden Globalisierungskritik hat er Millionen Menschen in aller Welt inspiriert.
Der ethecon Black Planet Award 2012 geht an die leitenden Manager Ivan Glasenberg (Geschäftsführer), Simon Murray (Verwaltungsratspräsident) und Tony Hayward (Komitee für Umwelt, Gesundheit und Sicherheit) sowie die Großaktionäre des GLENCORE-Konzerns/Schweiz … macht der Konzern von sich reden wegen Steuerhinterziehungen, Korruptionsvorwürfen, Umweltverschmutzungen und Menschenrechtsverletzungen.


„In Krisenzeiten wächst die Gewaltbereitschaft. Dies ist die Stunde für politische Führer, die – unter dem Vorwand, für die Gesellschaft nur das Beste zu wollen – die Erlaubnis erteilen, Hass und Verachtung gegen soziale Gruppen zu richten, die angeblich für die Missstände verantwortlich sind. So werden Ausländer diskriminiert, Arbeitslose als »faul« beschimpft und selbst Kranke und Alte zum gesellschaftlichen Problem degradiert. Auf diesem Weg lassen sich Menschen für Kriege mobilisieren. Es müssen nur glaubwürdig ein Feindbild und die Ideologie einer »gerechten Sache« aufgebaut werden. Durch die Hingabe an die abstrakte Idee, eine reine und erhabene Mission zu erfüllen, werden die Grenzen des Ichs aufgeweicht: Der Mensch fühlt sich größer und zugleich hingebungsvoll, weil er sich bereiterklärt, einer Idee zu dienen, die größer als sein Selbst ist.
Das Bindeglied, das Menschen dazu veranlasst, machtbesessenen Führern und ihren Ideologien zu folgen, ist eine allgemeine Gehorsamkeitsbereitschaft, zu der wir alle erzogen wurden. Wir fühlen uns wohl, wenn wir einem starken ­Menschen folgen. Das gibt uns nicht nur Halt und Orientierung. Die Identifikation mit Macht und Stärke vermittelt ein Gefühl von Bedeutung und Sinnhaftigkeit. So kommt es immer wieder zu der paradoxen Situation, dass ausgerechnet Benachteiligte politische Führer wählen, die nur Verachtung für sie übrig haben. … Das Endresultat ist ein fiktives Selbst, das auf Dominanz und Besitz aufbaut, aber von Unzufriedenheit, Begierde und Hass erfüllt ist.
Dies in uns selbst zu bekämpfen, führt zu eigener Lebendigkeit und zur Verwirklichung unserer Menschlichkeit.“ 
Prof. Dr. Arno Gruen (Psychologe und Publizist) - Auszug aus: »Ich will eine Welt ohne Kriege«.
Mehr auf http://www.oya-online.de/article/read/839-eine_welt_ohne_kriege.html

02.11.2012

Der eigentliche Skandal



„Jahre später erfahren wir wie der Verfassungsschutz die Mörderbande gedeckt und gefördert hat. So wurden die NSU-Terroristen mit Pässen und Bomben versorgt, V-Männer haben die Szene aktiv unterstützt, bei einer Mordtat war gar ein Mitarbeiter des hessischen Verfassungsschutzes anwesend. Dutzende Akten wurden noch nach den ersten Enthüllungen am 4. November des letzten Jahres geschreddert.
Der eigentliche Skandal, der relativ schnell – zumindest in groben Zügen – klar wurde, ist, dass der Staat eine Mitverantwortung trägt. Dies löste jedoch keinen großen Aufschrei aus, weil es hierzulande vielen Menschen schwerfällt, die Verantwortung des Staates einzugestehen.
Ein anderes Problem liegt darin, dass die Dimension der Vorfälle nicht richtig erfasst wird, weil selbst Antifaschisten die gewalttätigen Nazis als das Hauptübel des Verbrechens betrachten, während die Rolle des kontinuierlich forcierten Rassismus durch Politik, Institutionen und Medien kaum erkannt wird. Daher wollen wir … einerseits die Verbandelung des Staates mit den Tätern und andererseits den verbindenden Hintergrund Rassismus thematisieren.“
Deniz Yilmaz, Sprecher des Berliner »Bündnis gegen Rassismus«